Hallo allseits,
ich bin neu in dem Forum und komme gleich mit einer Frage auf euch zu, die ich etwas ausführlicher formulieren muss. Ich hoffe, dass ich damit keinen Shitstorm auslöse, ich suche aber den Rat einiger Profis. Ich habe einen Deutz 4006, 50 Jahre alt. Daher bin ich auch im Deutz Forum aktiv.
Bisher „tobe" ich mich an meinem D4006 aus, bastle, lackiere, usw. Genutzt wird er im Forst - aber auch das nur hobbymäßig. Wir machen im Jahr zu dritt ca. 25 bis 30 FM Holz. Der Deutz betreibt den Spalter, dient als Packesel und ist auch sonst nützlich.
Jetzt will ich für diese Arbeiten aber einen Allrad Schlepper. Dabei darf der nicht höher sein als 2,30 Meter, sonst passt er nicht in die Scheune.
Nun habe ich zwei in der engeren Auswahl. Einen 25 Jahre alten Fendt 275 VA mit 6.400 Stunden, breiter Vorderachse, 420er Hinterräder, alle Räder neu, Lackierung wird neu gemacht, Kupplung neu, Innenverkleidung der Kabine wird entfernt und neu bezogen, Auspuff oben. Sieht gut aus, macht auch einen guten Eindruck. Toller Sound 😉.
Daneben einen Deutz Fahr Agroplus 80F, Tageszulassung 2021, mit 3 Betriebsstunden. 28 Zoll Räder (380), Lochmann Kabine wird nachgerüstet - also neuer Schlepper.
Der Preisunterschied zwischen den beiden Schleppern liegt bei „nur“ EUR 7.000 um die der neue Deutz teurer ist als der alte Fendt. Bitte nicht falsch verstehen, aber das wäre für mich verkraftbar. Wirtschaftlich ist das eh alles nicht - eben Hobby. Beide Händler (der Fendt Händler macht nur in Gebrauchten) machen auf mich einen seriösen Eindruck. Beim Deutz habe ich erfreuliche Nachlässe von ca. 33% bekommen, da noch alte Abgasnorm und Tageszulassung aus 2021. Der Fendt ist nach meiner bisherigen Einschätzung sehr begehrt, der Preis deckt sich mit vergleichbaren Angeboten im Netz, wenn auch für eine 25 Jahre alte Maschine mächtig.
Eigentlich spricht alles für den neuen Deutz. Dennoch bin ich unsicher. Die Fendts haben schon einen sehr guten Ruf. Außerdem ist das ein Vierzylinder luftgekühlt, der Deutz Dreizylinder wassergekühlt. Bei dem neuen bin ich sicher: der wird nicht tropfen, hat Garantie, kein Ärger. Der Fendt kann mit Überraschungen aufleben und offen gesagt - so schön das mit meinem alten D06 auch ist - ein verlässlicher Schlepper hat schon seinen Reiz. Und wenn der Fendt sechstausend Stunden durch Weinberge getrieben wurde, hat der schon gelitten. Aber beim Deutz: Made in India, auch der Motor, Same. Außerdem doch recht viel Kunststoff, die Schalter, Kabelschläuche etc. wirken schon etwas „billig“.
Ich bin hin und hergerissen. Mit dem Thema war ich auch schon im Deutz Forum, wo mir wirklich profund geholfen wurde - ich aber immer noch hin und hergerissen bin. Hier im Fendt Forum hoffe ich, noch ein paar wertvolle Einschätzungen zu bekommen. Wie wertet ihr zB den Unterschied 4 Zylinder luftgekühlt (= der alte Fendt) und 3 Zylinder wassergekühlt (der neue Agroplus)? Wie gesagt: Einsatzgebiet Betrieb Spalter und Lastenesel.
Stand jetzt sehe ich es wie folgt:
Zum Deutz Agroplus: Alles, was Stahl ist, sieht sehr solide aus. Die Technik rund um den Kraftheber wirkt sehr einfach, da ist beim Fendt mehr Solidität. Was mich erschrocken hat war bei genauerem Hinsehen der Zustand der Kabelleitungen. Die sind mit einer Art schwarzem Kabelschoner umgeben, der sich aber an vielen Stellen an den Übergängen schon gelöst hat und die Kabel frei oder bald frei liegen. Ich hoffe, dass ist eine indische Kinderkrankheit und lässt nicht auf den gesamten Trecker schließen. Ein Trauerspiel ist auch der Sitz, kein Vergleich zum alten Fendt. Die Lochmann Kabine ist noch nicht drauf, aber was ich so im Netz sehe, scheint die sehr ordentlich zu sein und auch "komfortabler" als die vom Fendt. Sorge macht mir, dass ich zu dem Agroplus keine Erfahrungsberichte finde und auch im Netz diese Type kaum zu finden ist. Offensichtlich wird der in Deutschland eher als Nischenprodukt erworben.
Zum Fendt: Da sieht schon alles sehr stabil verarbeitet aus. Aber natürlich deutliche Altersspuren. Kupplung ist neu, neue Reifen bekommt er auch, wird lackiert und der Händler sagt mir eine vollständige Kontrolle und soweit notwendig auch Überarbeitung zu. Sorge macht mir das Getriebe aufgrund Hinweisen im Netz (Weinbergbetrieb) und bei der Probefahrt hatte ich auch zweimal einen Gruß aus dem Getriebe - das mag aber auch ein Handlingfehler auf der ungewohnten Maschine gewesen sein. Was mich stört ist tatsächlich die enge Kabine und der gewaltige Mittelkanal. Das wird mit Schnittschutzschuhen nicht einfach. Aber die kompakte Form ist aufgrund meiner begrenzten Platzverhältnisse sehr vorteilhaft.
Im Ergebnis glaube ich, dass der Fendt der bessere Schlepper ist, aber der birgt altersbedingt auch deutlich mehr Risiken. Der Deutz wird wohl komfortabler sein, mal von dem traurigen und völlig ungefederten Sitz abgesehen
Ihr seht, ich bin hin- und hergerissen. Ich bin für jeden Hinweis, Meinung oder Kommentar dankbar.
Danke euch! Gruß, Holger