Reparaturerfahrungen Farmer 304

  • Hallo,

    an meinem treuen Helfer standen zum Teil seit längerem einige Reparaturen an. Lästig war, das die Schaltung etwas gewöhnungsbedürftig war: Die Rastung in der Schaltgasse vom 1. und Rückwärtsgang war defekt, so das der erste Gang nicht nutzbar war, er fiel durch das Eigengewicht des Schalthebels einfach heraus. Der Rückwärtsgang hielt wegen dem dann ausreichend schräg stehendem Schalthebel.

    Die Rückstellung des Schalthebels in Neutralstellung auf die Schaltgasse zwischen 2. und 3. Gang war nicht vorhanden.

    Eine (scheinbare) Inkontinenz der Zusatzsteuergeräte, ein früheres Erneuern der O-Ringe hatte zwar Verbesserungen gebracht, aber trotzdem tropfte es noch leicht.

    Die Regelhydraulik reagierte bei Zugkraftregelung relativ schlecht.


    An Informationen stand die Betriebsanleitung, ein Werkstatthandbuch und das Internet mit Ersatzteilkatalog und natürlich dem Fendt-Forum zur Verfügung. Dabei gab es einige Fallstricke, die ich anderen ersparen möchte.


    Um einen guten Zugang zu allen Baugruppen zu haben wurde die Kabine abgebaut. Der Ablauf ist im Reparaturhandbuch eigentlich ganz gut beschrieben, aber die Tücke liegt im Detail.

    Das Handbuch ist für die "Urtypen", an einigen Stellen gibt es Einleger für die neueren Modelle. Mein 304 ist von 1988 und hat schon das LCD Traktormeter. Damit muss natürlich keine Traktormeterwelle getrennt werden, dafür ein Sensorstecker. Dann sollen das Blinkrelais und der rote und der blaue Steckverbinder an der Elektrobox abgezogen werden. Überraschung: Obwohl der Blinkgeber bis zum Schluss funktionierte, war das Gehäuse offenbar schon vor längere Zeit explodiert, das innere voller Dreck und Graskrümeln. Leider war ich zu erstaunt um das zu fotografieren, aber dazu später mehr. Roter und blauer Stecker sind je dreimal vorhanden.

    Getrennt werden müssen die oberen beiden.


    Es schadet natürlich nicht auch die anderen mal abzumachen, zu reinigen und etwas Kontaktfett zu spendieren. Ich war verblüfft wie gut der Zustand nach 35 Jahren ohne jeden Wasserschutz noch war. Stecker und Relais haben übrigens keine Verriegelung und lassen sich mit mehr oder weniger (meist mehr) Kraft einfach abziehen.


    Da ich als Hebehilfe nur einen kleinen Elektrostapler habe, wurde von der Kabine alles abgebaut was Gewicht gespart, kaputt gehen könnte und ohne großen Aufwand abging. Das waren überwiegend Türen und Scheiben.


    Zum Beruhigen wurde als Gegengewicht noch ein paar alte Batterien hinten auf den Stapler gestellt.


    Problem ist nicht das Gewicht der Kabine an sich, sondern das mit weit gehobener Kabine und somit hohem Schwerpunkt zurück gefahren werden muss.


    Beim Anheben der Kabine gab es dann vorn ein leichtes Knackgeräusch. Mist! Was war passiert? Nach Handbuch war das Gasgestänge ausgehangen worden. Was im Handbuch nicht steht: Die Gaswelle ist vorn links am Block gelagert, rechts an der Kabine. Der Halter am Block muss also auch abgeschraubt werden. Er ist auch gut erreichbar, man muss es nur wissen.


    Der hätte abgemusst.


    Zum Glück ist kein größerer Schaden entstanden. Das verbogene Gestänge wurde gerichtet, nur die linke Lagerbuchse musste neu gedreht werden, die war nicht mehr wiederzufinden.


    So, jetzt wird mir mein Internet zu langsam, demnächst mehr.


    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas

  • Hallo,


    so, die Kabine ist herunter und abgestellt. Auch wenn es nicht im Handbuch steht und nicht unbedingt notwendig ist: Es ist zweckmäßig die Einstiege und das rechte Spritzschutzblech abzuschrauben. Das spart mindesten einen halben Meter Hubhöhe.

    Jetzt war auch die Ursache für den vermeintlichen Ölverlust der Steuergeräte sichtbar. Das Öl kam von weiter oben, der Abschlussdeckel der Seitenschaltung (an dem auch das Gestänge der Zapfwellenschaltung hängt) war undicht. Zum einen war dahinter deutlich mehr Öl als erwartet, zum anderen war der Deckel warum auch immer leicht verbogen, so das die Papierdichtung keine Chance hatte. Eine geeignete Dichtpaste wird Abhilfe schaffen.


    Auch die Ursache für das nicht zurückfedern in die Schaltgasse 2./3. Gang war jetzt leicht zu finden.

    Die Schraube auf der Seitenschaltung (im Bild vor dem Gestänge der Differentialsperre) war falsch. Je nach Getriebe hat die Schraube verschiedene Funktionen. Bei 40km/h Getrieben ist entweder eine kurze Schraube mit Feder und Rastkugel verbaut zum Rasten in den Schaltgassen oder eine längere Schraube mit Zapfen zum Sperren des 40er Ganges. Bei 30km/h Getrieben wird immer die Schraube mit Zapfen verwendet, der Zapfen dient hier als Gegenhalt für die Feder, die den Schalthebel in die Gasse vom 2./3. Gang zurückdrückt.

    Ich habe das 30km/h Getriebe, aber es war eine kurze Schraube eingesetzt. Vermutlich hat ein Vorbesitzer gehofft, er könnte den schnellen Gang freigeben...

    Mit einer passenden Schraube funktioniert jetzt wieder alles. Die Feder konnte mit einem Schraubendreher durch das Schraubenloch ohne weitere Demontagen in die richtige Lage geschoben werden.

    Um die Schraube zu erreichen hätte es aber bei aufgebauter Kabine genügt die Schalthebelabdeckung hoch zu nehmen.


    Das nächste mal geht es an die Rastung der Schaltgabeln.


    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas

  • Hallo,


    jetzt ging es mit der Rastung des 1./Rückwärtsgangs weiter. Die Bilder sind hierbei weniger. Die Finger waren öliger und für die interessanten Sachen wurden beide Hände mit vielen Fingern gebraucht.

    Der Deckel ging nach etwas saubermachen das kein Dreck ins Getriebe fällt überraschend gut ab, als wäre er nur lose aufgelegt gewesen.



    Als nächstes kam ebenfalls problemlos die Schaltbrücke heraus.

    Die Träger der Schaltwellen haben Bohrungen, in denen auf einer Seite die Federn und Kugeln der Rastung sitzen, auf der anderen Seite Verriegelungsstifte, die verhindern sollen, das mehrere Gänge gleichzeitig eingelegt werden können. Um an die Federn zu kommen müssen die Schaltstangen aus dem Halter. Beim Zerlegen ist das kein Problem, die Stangen können einfach herausgedrückt werden. Zum Zusammenbau müssten aber dann drei federbelastete Kugeln festgehalten werden und gleichzeitig die drei Schaltstangen wieder hereingedrückt werden. Naja, eigentlich nur zwei, weil eine Stange eine Rastung verschoben werden kann. Alle drei Schaltstangen auf unterschiedliche Stellungen bringen geht wegen der Verriegelungstifte nicht. Wer das kann ist echt gut. Weil ich nicht zu denen gehöre, habe ich eine Stange komplett ausgebaut. Da nach einer Demontage einer Schaltgabel diese bei der Montage wieder eingestellt werden muss, habe ich die Stellung beim Ausbau gemessen und einfach beim Zusammenbau auf das gleiche Maß gebracht.




    Feder und Kugel können durch das Loch im Halter entnommen werden, wenn der Schieber heraus ist.



    Die andere Seite enthält die Verriegelungsstifte.


    Von der Feder des 1. bzw. Rückwärtsgangs lag jede Windung einzeln in der Bohrung. Diese Feder ist auch kleiner als die anderen, die natürlich auch gewechselt wurden. Die Federn wurden mit Originalteilen ersetzt. Internetangebote hatten zuwenig Angaben, um sicherzustellen das sie passen und die Ersatzteilpreise bei Agravis waren sehr fair.

    Die Feder für die Rastung der Gruppenschaltung sitzt sitzt übrigens in einem Halter, der aussieht wie auf einer Hinterhofwerkstatt gebastelt, leider ohne Bild.


    Die Innenteile des Getriebes sahen aus wie neu, kein Verschleiss erkennbar.


    Das Entfernen der alten Papierdichtung war eine Herausforderung. Die war mit irgendetwas auf dem Getriebegehäuse festgeklebt, das so hart war, das mein Elektroschaber fast aufgegeben hat. Schließlich soll die Dichtfläche nicht beschädigt werden. Komisch nur, das der Deckel so gut abging.

    Irgendwann war dann aber alles sauber und der Deckel konnte mit Dichtpaste wieder aufgesetzt werden.


    Demnächst: Regelhydraulik


    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas

  • Hallo,


    weiter ging es mit der Regelhydraulik. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich äußerlich eine Menge Dreck angesammelt. Der Umlenkhebel für die Regelhydraulik war sehr schwergängig und musste wieder beweglich gemacht werden.



    Da der Hydraulikblock nicht ganz leicht ist, wurde alles abgebaut was ging. Als Vorbereitung für den Wiedereinbau wurden an den Innenseiten der Hubarme Markierungen angebracht, weil die originalen an der Außenseite beim Ansetzen der Verzahnung schlecht sichtbar sind. Das Herunternehmen des Blocks ging mit zwei Personen problemlos. Die Papierdichtung verhielt sich genauso wie am Getriebedeckel. Der Zustand des Innenlebens war top, kein Verschleiß sichtbar und alles gängig. Die Einstellungen entsprachen den Angaben im Handbuch und mussten nicht korrigiert werden. Die Hubwelle hat kein spürbares Spiel.

    Es wurde nur das Hubwerksöl gewechselt und die äußeren Dichtungen, also der Simmering und der O-Ring der Hubwelle und der O-Ring der Impulsstange.

    Vor dem Wiederaufbau des Blocks wurde noch das Getriebeöl abgelassen und das Gehäuse auf Abrieb und Späne geprüft. Auch hier alles im grünen Bereich, auch dem Differential und dem Zapfwellengetriebe sieht man die über 11000h nicht an. Nach dem Reinigen des Differentialgehäuses wurde der Einfachheit halber gleich von oben das frische Getriebeöl wieder eingefüllt und erst dann der Hydraulikblock wieder montiert.

    Die Überholung der Regelsteuergeräts wurde schon häufig beschrieben, daher hier nur ein paar Tips am Rande.


    Die Bosch.Nummer des Steuergeräts ist im eingebauten Zustand nicht zu lesen.



    Was scheinbar häufig Probleme macht, ist das Ziehen von Spannstiften, deshalb hier mal meine Methode.

    Der Spannstift kann nicht so fest gehalten werden, das man beim ziehen nicht abrutscht. Abhilfe schafft irgendetwas Rundes, das straff in den Stift passt. hier eine Schraube.



    Dann kann mit einer Gripzange richtig zugefasst werden.



    Nun lässt sich der Stift leicht herausziehen.



    Der Stift bleibt unbeschädigt und könnte noch mal verwendet werden. Besser ist natürlich neu.



    Bei dem Stift an der Senkdrossel passt ein Nagel, ansonsten der gleiche Ablauf.



    Ein Hydraulikschlauch war deutlich zu lang und wurde gegen einen kürzeren getauscht um nicht irgendwann einmal damit hängen zu bleiben.



    Zum Schluss noch alle festgerosteten, ausgeschlagenen oder sonstwie schadhaften (also alle) Kugelköpfe der Gestänge gegen neue mit Dichtung ersetzen.

    Mir ist schleierhaft warum die nicht abgedichteten alten immer mit dem Bolzen nach oben eingebaut waren, das Wasser und Dreck bestmöglich einwirken können.



    Irgendwie habe ich es beim Zusammenbau fertig gebracht, die Gestänge der Zusatzsteuergeräte zu vertauschen. Am Kreuzhebel war jetzt für den Frontlader heben/senken links/rechts.

    Blöd, aber zum Glück leicht zu korrigieren. Bei der Demontage habe ich noch gedacht man kann das nicht vertauschen.


    Beim nächsten Mal: Das Rätsel des explodierten Blinkgebers (also etwas Elektrik) und Fazit.


    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas

  • Hallo,


    am Anfang habe ich ja etwas von einem explodierten Blinkgeber geschrieben, das war vielleicht etwas übertrieben, aber nicht viel. Leider war ich zu perplex um den Originalzustand zu fotografieren. Das Kunststoffgehäuse des Blinkgebers hatte eine große, aufgeplatzte Blase nach oben, der Innenraum war total verdreckt. Das Beste war: Er funktionierte noch!



    Die Erklärung war relativ simpel. Unter der Blase befindet sich ein Widerstand für die Lampenüberwachung. Dieser ist durch Überlastung heiß geworden, hat das Gehäuse angeschmolzen und die durch die Hitze ausgedehnte Luft im abgedichteten Innenraum hat die Blase aufgeworfen und zum Platzen gebracht.

    Die Ursache für die Überlastung wurde nebenbei gefunden. In der Nähe der Steckverbinder für die Anhängersteckdose waren zwei Kabel angescheuert.



    Das braune Kabel ist ein Massekabel, die Scheuerstelle war harmlos. Aber warum ist die Sicherung vom Blinker nicht gekommen? Ganz einfach, hinter der originalen Torpedosicherung klemmte im Sicherungskasten ein erst auf den zweiten Blick sichtbares Metallband, vermutlich von einer Blattsicherung.

    Die Kabel wurden instandgesetzt und isoliert, außerdem an den gefährdeten Stellen mit Scheuerschutzband umwickelt.

    Ein billiger neuer Blinkgeber war schnell gefunden und online bestellt. Zur Sicherheit noch einmal die Anschlußbelegung verglichen: Passt. Einbauversuch: Passt nicht!!! Die Anschlüsse sitzen nicht mittig im Gehäuse, beim neuen ist der Stecker 180° gedreht und die breite Seite hat wegen der Kompaktstecker auf der Elektrobox keinen Platz.



    Da ich keine Lust hatte den neuen Blinkgeber wieder zurückzuschicken und einen passenden zu suchen, habe ich kurzerhand dem alten Blinkgeber ein neues Relais spendiert, einen angeschmorten Transistor ersetzt und ihn in das Gehäuse des neuen Blinkgebers eingebaut. Das hat gepasst und funktioniert.


    Inzwischen ist die Kabine wieder drauf und die ersten Einsätze sind gelaufen. Die Schaltung funktioniert wie gewünscht, bisher ist alles dicht. Der Hebel für die Regelhydraulik geht deutlich leichter, der Kreuzhebel hat wesentlich weniger Spiel und schlägt nicht mehr am Sitz an. Vor allem ist die Gefahr gebannt, das er mir wegen eines angescheuerten Kabels und einer gebrückten Sicherung abbrennt.

    Eigentlich hätte es genügt die Kabine anzukippen, aber so war es ein einfacheres Arbeiten. Gefreut habe ich mich über den guten Zustand der gesamten Kraftübertragung. Offensichtlich hat er die notwendige Wartung und Pflege erhalten.

    Alles in allem war die Reparatur erfolgreich und ich habe nach den drei Jahren, die ich den Schlepper habe, immer noch viel dazugelernt.


    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas