Favorit 615 LS - Bremsen Hinterachse - Demontage Achstrichter

  • Moin zusammen,


    ich bin neu in diesem Forum und Besitzer eines Fendt Favorit 615 LS (FWA 285 S, von 1978, Getriebe Baumuster T-3550).

    Durch eine Suche nach Infos zum Thema Bremsen bin ich hier gelandet und konnte einige hilfreiche Hinweise zur Fehlersuche finden.

    Dafür an dieser Stelle Lob & Dank an alle Mitwirkenden für die Informationen und Hilfestellungen, die man hier bekommt!


    Um beim 615er an die Bremsen der Hinterachse zu kommen, muss man leider die Achstrichter komplett abnehmen.

    Bei meinem Modell ist nicht mal eine Öffnung zum Prüfen der Bremsbelagstärke vorhanden, das gibt es scheinbar erst bei neueren Ausführungen.


    Nachfolgend möchte ich ein paar Fotos zeigen, eventuell hilft das dem ein oder anderen, der vor der gleichen Aufgabe steht.

    Es handelt sich um die rechte Seite (die linke Seite werde ich vermutlich danach auch noch in Angriff nehmen).


    Nach dem Abbau des Hubwerks (Seitenstreben, Unterlenker, Halterungen unten am Traktor) sowie der Federbleche unter dem Traktor für die Kraftmessung konnte ich die Hinterachse vernünftig aufbocken. Danach habe ich das Rad abgeschraubt, die Fahrerhauslagerung (vorher das Fahrerhaus sicher unterstützen), verschiedene Leitungen und das Gestänge für die Kraftmessung.


    Das Abbauen des Hebels für die Differentialsperre gestaltete sich leider etwas schwierig als gedacht. Bei meinem Modell ist dieser nämlich mit zwei ineinander geschlagenen Hohlstiften gesichert. Nur leider kommt man nicht wirklich gut dabei um die Stifte mit einem Durchschlag austreiben zu können (man kommt nicht gerade davor und hat auch keinen Platz zum Schlagen...).

    Also musste ich erst noch das Steuergerät für das Regelhubwerk abbauen samt mehrerer Hydraulikleitungen. Erst danach habe ich es geschafft die Hohlstifte herauszuschlagen.

    Unter dem Achstrichter ist dann noch das Gestänge für die Handbremse zu lösen sowie die zwei Schrauben um die Öffnung, wo der Handbremshebel hineingeht, zu entfernen.

    Den Achstrichter habe ich dann mit Spanngurten am Gabelstapler gesichert und konnte ihn nach Lösen der Schrauben vorsichtig seitlich herausziehen:



    Die Bremsbacken der Handbremse verbleiben dann am Getriebe (zweites Bild) und können nach Aushängen der Federn abgenommen werden. Man sieht auf dem Bild auch die Abstützung des Fahrerhauses. Das dritte Foto zeigt die Getriebeseite nach Abbau der Handbremsbacken und einer ersten Reinigung. Ganz oben im Bild ist der Sitz des Steuergeräts für das Regelhubwerk zu sehen. Etwas rechts darunter ist die Welle für die Differentialsperre. Und unten rechts ist die Mechanik zum Schalten der Handbremse zu sehen. Bei dem Loch oben links (siehe drittes Foto) handelt es sich um ein Durchgangsloch, das sollte man beim Zusammenbau bedenken und die Schraube bzw. das Gewinde mit etwas Dichtmittel abdichten.


    Hier noch eine größere Aufnahme der Handbremsbacken (allerdings vor der Reinigung):



    Die Seite des Achstrichters mit Blick auf die Achswelle sieht dann so aus:



    Um an die Bremsbacken für die Fußbremse zu kommen, musste ich zunächst die Buchse abziehen und dann einen Sicherungsring entfernen.

    Als nächstes konnte ich dann die Bremstrommel abziehen. Ggf. hilft es hier, wenn man vorher die Bremsbacken durch die zwei Bohrungen in der Bremstrommel nach innen drückt (zur Achswelle).


    Zu meiner Überraschung kamen mir die Bremsbeläge dann schon entgegen. Beide Bremsbeläge hatten sich von den Bremsbacken gelöst! Wie man auf dem nachfolgenden Foto sieht, ist der eine Bremsbelag auch teilweise zerbröselt, vermutlich weil er sich zwischen Bremstrommel und Bremsbacke verklemmt hat. Das erklärt meine Probleme mit der Bremse und zeigt, dass sich die Arbeit für das Abbauen des Achstrichters in meinem Fall durchaus gelohnt hat:



    Nun habe ich neue Bremsbacken für die Fußbremse bestellt und auch gleich zwei neue Bremsbacken für die Handbremse. Außerdem scheint mir der Radbremszylinder nicht mehr wirklich gängig zu sein, also wird dieser auch neu. Ebenso habe ich den O-Ring in der Buchse, die ich von der Achswelle gezogen habe (siehe Pfeil vorletztes Foto) erneuert. Der ausgebaute O-Ring war schon arg abgeplattet. Die lokalen Dichtungsexperten (von Raters Dichtungstechnik Ascheberg) haben mir Ersatz gegeben, nach deren Expertise müsste es ein O-Ring mit dem Maß 54,2mm x 3mm sein.

    Das ist der aktuelle Stand. Ich denke es werden weitere Fotos zum Zusammenbau folgen.

    Nachfolgend noch drei Fotos vom Steuergerät für das Regelhubwerk, eventuell hilft es jemandem weiter.

    Das Steuergerät ist vom Typ Bosch 0 521 704 086. Zerlegt habe ich es nicht, da es soweit dicht war. Ich gedenke aktuell nur die zwei seitlichen O-Ringe (16 x 3mm) zu erneuern und das ganze später wieder so zu montieren.



    Was man im zweiten Bild oben links neben der Hydraulikverschraubung sieht ist übrigens die Verstellung fürs Drosselventil zum Absenken der Hydraulik.

    Auf dem dritten Bild sieht man rechts den Hebel (mit dem Splint), daran ist über ein Gestänge der Betätigungshebel für das Hubwerk verbunden.


    Gruß,

    Deejay


    PS: Alle Angaben und Maße nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr.

  • Hallo, :)


    Willkommen bei den Fendt Freunden. 8)


    Es ist schön wen du es schon bei deiner Vorstellung erkannt hast das es hier im Forum sehr viele fachliche Hilfe für alle Fendt Freunde gibt.

    Aber es ist eben auch die Kunst der Besitzer die nicht alle sich mit jedem Fendt Typ so genau in praktischen, handwerklichen Dingen auskennen müssen.

    Ich habe damit ebenfalls reichlich Probleme. Bin ebenfalls nach Jahren erstaunt wie viele praktische Kniffe doch hier für jeden Neuling zum Helfer werden.

    Auf das es gute Tipps auch noch in den nächsten Jahren gibt, möchte ich besonders hoffen. :saint:


    Viel Spaß hier im Forum und mit deinem Schlepper.

  • Auch von mir ein Hallo und willkommen.


    Auf das Du viele Antworten bekommst und wir viele Geschichten, Berichte und Bilder! 8)

    Viele Grüße aus dem Spessart.


    Thomas



    Ich bin so alt, bei uns kam die Navigationssoftware von Falk, die Einparkhilfe hieß Mama und der Spurassistent war n'e Leitplanke. :D

  • Hallo und Willkommen.

    Sehr gute Schilderung .

    Ich würde an deiner Stelle die Buchse nehmen und zur Reifeisen gehen.

    O- Ringe gibt's in etlichen Ausführungen und Beschaffenheit. Dann gehst du auf Nummer sicher. Vielleicht hat aber auch jemand die Ersatzteilnummer.

    Viel Erfolg und halt uns auf dem Laufenden.


    Gruß Stefan

  • Ich würde an deiner Stelle die Buchse nehmen und zur Reifeisen gehen.

    Danke Stefan. Bei uns haben wir für Ersatzteile und Reparaturen die Agravis Technik. Nach deinem Posting war ich dort, allerdings konnte man mir leider zu dem Zeitpunkt nicht weiterhelfen (das System war wohl gerade down). Allerdings bekam ich einen Rat, wo man mir dann auch prompt weiterhelfen konnte: Raters Dichtungstechnik bei uns in 59387 Ascheberg. Der Chef selbst hat den alten O-Ring und die Buchse ausgemessen und mir direkt zwei neue O-Ringe auf die Hand gegeben - kostenlos! :thumbup: :)

    Das Maß ist 54,2mm x 3mm. Ich habe die Buchse samt neuem O-Ring versuchsweise auf die Welle geschoben, scheint einwandfrei zu passen. Also wieder ein Problem weniger.


    Gruß

    Deejay

  • Moin,


    nachdem ich die neuen Bremsbacken sowie den Radbremszylinder bekommen habe, geht es weiter.

    Zunächst noch drei Bilder vom Inneren des Achstrichters ohne Bremsenteile und der Bremstrommel:



    Meine Bremstrommel hat fußbremsseitig 270mm Innendurchmesser (entsprechend die Bremsbacken 270 x 80mm) und handbremsseitig 250mm (Bremsbacken 250 x 30mm). Die Reibflächen der Bremstrommel habe ich gründlich mit Bremsenreiniger entfettet und gesäubert.


    Dann habe ich den Radbremszylinder für den Einbau vorbereitet. Das heißt die beiden Bremsleitungen sowie das Schutzblech auf der Oberseite montiert (auf dem linken Foto unter dem Bremszylinder). Das Ganze habe ich dann in den Achstrichter geschraubt und die Bremsleitungen am Zwischenstück angeschlossen. Über dieses Zwischenstück werden die Bremsleitungen nach außen geführt - die obere Leitung ist für die Entlüftung der Bremse, an die untere Leitung kommt der Bremsschlauch.

    Die beiden runden Aufnahmepunkte für die Bremsbacken habe ich mit Montagepaste eingeschmiert, dann die Bremsbacken eingesetzt und mit den Sicherungsringen versehen. Beim Einhängen der Feder sollte man darauf achten, dass die Bremsbacken oben in der Nut vom Kolben des Bremszylinders liegen.
    Schließlich wurde die Bremstrommel aufgeschoben, mit einem Sicherungsring versehen und die Buchse samt neuem O-Ring wieder bis zum Anschlag aufgepresst.



    Fortsetzung folgt...

    Schönes Wochenende!

  • Moin,


    bevor ich alles wieder zusammenbaue, habe ich mich noch dazu entschieden die Dichtungen zu erneuern, welche die Demontage des Achstrichters erfordern. Dafür ist die meiste Arbeit ja ohnehin schon gemacht.


    Also habe ich den Lagerdeckel vom Ausgleichsgetriebe losgeschraubt und vorsichtig herausgehebelt. Ohne den Deckel kann man ins Getriebe schauen (erstes Foto).

    Auf der Innenseite des Lagerdeckels befindet sich ein größerer O-Ring. Beim lokalen Dichtungsexperten hat man mir einen Ersatz-O-Ring herausgesucht (240 x 3mm, 245mm Durchmesser war schon zu groß). Ebenso bekam ich dort einen neuen Wellendichtring (WDR, 65 x 85 x 13/9,5). Es handelt sich um einen WDR komplett mit Gummi umhüllt und mit Staubschutzlippe (Bauform AS). Die Vergleichsnummer dafür müsste F283101150080 sein.

    Für die Montage des WDR habe ich mir eine passende 'Montagehülse' gefertigt - dazu habe ich Stück Rohr auf den passenden Außendurchmesser abgedreht (zweites Foto, links im Bild). Damit konnte ich den WDR vorsichtig von der Getriebeseite in den Lagerdeckel schlagen. Die Lippe des WDR zeigt zur Ölseite, also zum Ausgleichsgetriebe.


     


    Den neuen O-Ring habe ich mit etwas Fett eingestrichen und den Lagerdeckel wieder ans Getriebe geschraubt. Anschließend konnte ich die Teile für die Handbremse montieren (neue Bremsbacken, Federn einhängen, Betätigungshebel/Bremsnocke). Hinter dem Sicherungsring, der die Bremsnocke auf der Welle hält, fehlt noch eine passende Beilagscheibe. Hatte leider keiner mehr da ?( , wird also nachträglich hinzugefügt :)


    Weiter geht es dann voraussichtlich in den nächsten Tagen.

  • Moin,


    im Bremsgehäuse ist radseitig ebenfalls noch ein Wellendichtring verbaut, den ich auch erneuern wollte. Dazu musste die Seitenwelle aus dem Bremsgehäuse ausgebaut werden. Das heißt: Das Achsrohr mit dem Planetengetriebe musste vom Achstrichter getrennt werden.

    Also Öl ablassen, die Schrauben entfernen und vorsichtig beide Gehäuseteile auseinander drücken. Bei meinem 615er (Getriebe Baumuster T-3550) sitzt ein Planetenträger samt zwei Sonnenräder auf der Welle (siehe erstes Foto). Der Planetenträger samt einem Sonnenrad lässt sich komplett nach Entfernen einiger Sicherungsringe von der Welle ziehen. In dem Sonnenrad befindet sich ein Kugellager der Größe 6210. Dieses sah einwandfrei aus und zeige keinerlei Verschleiß (läuft ja auch im Ölbad).



    Um die Welle aus dem Gehäuse zu bekommen, muss auch das zweite Sonnenrad abgenommen werden. Nach Entfernen des bremsenseitigen Sicherungsrings konnte ich die Welle samt eines weiteren Kugellagers (6212) herausziehen.

    Bremsenseitig sitzt vor dem Wellendichtring noch ein Schutzring. Dieser hat meinem Verständnis nach folgende Funktion: Sollte der Wellendichtring doch mal undicht sein, verhindert der Schutzring, dass das Öl ins Bremsengehäuse laufen kann. Zwischen Schutzring und WDR befindet sich im Gehäuse ein kleines Loch, welches das Ablaufen des Öls ermöglicht. Ich habe mich dazu entscheiden diesen Schutzring ebenfalls zu erneuern. Der Schutzring muss zur Bremse hin heraus. Den WDR kann man dann entweder zur Bremse oder zum Planetengetriebe hin austreiben.



    Den neuen WDR (63x80x11/12, F283101150070, F184108150010) habe ich dann mit einer selbstgefertigten Montagehülse von der Bremsenseite her eingetrieben, so dass er bündig zur Seite des Planetengetriebes sitzt (Lippe wie immer zur Ölseite hin). Den neuen Schutzring (Maß: 85x62,5x6,5mm, F184108150020) sollte man laut Werkstatthandbuch außen mit Dichtungsmittel einstreichen und dann bündig zur Innenseite eintreiben.


    Danach habe ich alles in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammengebaut. Bevor man die beiden Gehäuseteile wieder zusammenschraubt, sollte man die Dichtflächen gut säubern und mit Flächendichtung versehen (in meinem Fall Loctite 574), da hier keine weitere Dichtung vorgesehen ist.

    Somit ist der Achstrichter samt Achsrohr mit dem Planetengetriebe wieder ein Stück.


    Der Plan ist nun den Achstrichter wieder anzubauen sowie das Steuergerät für die Regelhydraulik und alle Rohre/Leitungen/Gestänge/Abstützungen usw. wieder hinzuschrauben. Dann ist die andere Seite dran...


    Nachtrag:

    Der Achstrichter ist wieder angebaut - der Rest fehlt aber noch. :)


  • Kurzer Nachtrag:

    Der Fendt ist wieder zusammen. Neues Getriebe-/Hydraulik-Öl drauf. Neue Bremsflüssigkeit drauf und Bremsen ordnungsgemäß entlüftet.

    Bremst einwandfrei, wie am ersten Tag! :thumbup:

    War dann heute zur Hauptuntersuchung, ohne Bestandungen wurde die neue Plakette erteilt. :thumbup:

  • Hallo Zusammen, vielen Dank für die Intensive Beschreibung.


    Meine Frage ist hatten sie auch so Probleme den Achtrichter richtig ran zu bekommen. Bin aktuell auch dabei das alles zu überholen. Doch aktuell scheitert die Montage des Achstrichters aufgrund dessen das ich den Achstrichter die letzten 3,4 cm Nicht weiter raufbekomme trotz anziehen mit längeren Schrauben. ( Ps die Welle war richtig in der Verzahnung drinne )


    Über eine kleine Info würde ich mich freuen.

    Schönes Wochenende Gruß 👋

  • Hallo Laurin,


    ja, ich erinnere mich, dass das nicht ganz einfach war, den Achstrichter wieder zu montieren. Ich würde die Schrauben jedenfalls nicht mit Gewalt festziehen; in dem Fall scheint etwas nicht zu stimmen. In dem Fall würde ich empfehlen die Schrauben wieder zu lösen / zu entfernen und den Achstrichter noch mal etwas abzuziehen. Und zwar so weit, bis sich die Radnabe (und damit auch die verzahnte Welle auf der anderen Seite) drehen lässt (z.B. unter Zuhilfenahme eines Montierhebels oder einer Stange, die man zwischen die Radbolzen steckt).


    Ich glaube die Schwierigkeit ist einerseits - wie Du schon schreibst - die Welle richtig in die Verzahnung zu bekommen.

    Aber andererseits muss auch die Position und der Winkel des Achstrichters passen. Wenn der Achstrichter leicht aus der Flucht ist, kann sich die Welle im Getriebe verkanten.

    Ich habe seiner Zeit den Achstrichter immer nur leicht weiter rangeschoben und dabei immer wieder probiert, ob sich die Radnabe noch dehen lässt.

    Wenn beide Hinterräder abmontiert sind, kannst Du ja über das Differenzial die Gegenseite drehen, selbst wenn die Welle schon in der Verzahnung steckt. Wenn sich hier von Hand (mit Hilfe eines Hebels) nichts drehen lässt, ist irgendwas falsch. Dann eventuell schauen, ob der Achstrichter schief davor sitzt, also evtl. die Radnabe etwas weiter abgesenkt/angehoben oder vor/zurück bewegt werden muss. Als alles passte, ging es bei mir ohne Gewalt!

    Also lieber Geduld bewahren und noch mal versuchen ggf. korrigieren - als unüberlegt die Schrauben mit Gewalt festzuziehen.


    Ich hoffe, dass Dir das weiterhilft und wünsche viel Erfolg bei der Montage!